Montag, 1. Juli 2013

Ein Dialog


Es geht mir gut.

Wie?

Es geht mir gut.

Tatsächlich. Du hast es wirklich geschrieben. Vier Worte. Was ist passiert?

Ich hatte einen schönen Tag.

Das freut mich. Was hast Du denn gemacht?

Ich habe herausgefunden, dass nicht alles schlecht ist, von dem ich annahm dass es das ist. Die Angst vor Behörden, das Ausmalen des Schlimmsten - es ist nicht eingetreten. Im Gegenteil, die Freundlichkeit von Menschen, deren Freundlichkeit ich mir nicht einmal verdient habe, denn sie kennen mich nicht. Ich bin bei ihnen nur eine Nummer im System. Und doch: Ein nettes Wort, ein besänftigendes, ein ermutigendes, ein mutmachendes Wort. Kleine Dinge können so viel bewegen. Das hat mir sehr gut getan.

Aber das wusstest Du doch schon, dass es die kleinen Dinge sind, die das Leben ausmachen. Hast Du das wieder mal vergessen?

Wahrscheinlich. Man geht irgendwann davon aus, dass die Welt schlecht ist, wenn einem so viel schlechtes passiert. Wenn es nur trüb um einen ist, warum sollte jemand diese Trübheit vertreiben wollen? Jeder ist doch nur auf sich bedacht.

Manchmal ist das so, aber nicht immer.Menschen sind nun einmal verschieden, auch das weißt Du inzwischen.

Das habe ich heute auch noch einmal erfahren. Eine alte Dame hat mir an der Bahnhaltestelle nicht nur Geld gewechselt, sie hat mir sogar ihre Cola geschenkt. Nur weil mir aufgefallen war, dass ich nichts zu trinken mitgenommen hatte.

Das war nett von ihr oder?

Ja! Und total selbstlos. Alte Menschen sind ein bisschen wie Kinder, sie haben etwas reines, unbedarftes. Sie merken, wer ihnen wohlgesonnen ist und demjenigen öffnen sie sich auch. Wenn ihnen was nicht gefällt, beschweren sie sich - dabei sind sie unverfälscht, einfach direkt.

Du hast heute also gelernt, alten Menschen mit offenem Herzen zu begegnen, sich auf sie einzulassen. 

Ja und ihnen ein Lächeln zu schenken, sich für ihr Leben zu interessieren! Das tut ihnen gut, zu wissen, dass ihnen jemand zuhört, sich interessiert.

Ihr habt euch gegenseitig viel gegeben in diesem Moment. Was hast Du heute noch erlebt?

Ich habe erlebt, wie schön das Leben ist. 

Nein. Echt?

Ja, echt. Ich bin mit der Bahn in die Stadt gefahren, der Blick über die Skyline hat mein Herz beflügelt. Bin durch die Stadt gelaufen, mich in ein Café in die Sonne gesetzt, mit einem Buch, Kaffee und Eis. Es war so schön dort.

Du klingst ja richtig verzaubert. 

Das bin ich auch. Nach Tagen, Wochen, Monaten aus Tränen, Müdigkeit und Energielosigkeit habe ich es genossen, in meiner alten Kraft zu sein.

Und Du machst was draus. 

Genau. Ich bin raus in die Welt, meine kleine Welt zuhause ist mir zu klein. Die Menschen tun mir gut, das pulsierende Leben, aber auch die Natur, der Wind, die Sonne, der Duft von Blumen und Wasser.

Geh Deinen Weg weiter. Es ist ein guter Weg. Ein gutes Leben.

Ja. Ich habe tatsächlich ein gutes Leben.



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